Bisher war das Spannendste zum Erzählen meist der Ortswechsel. Nicht unbedingt ein Trend den ich aufrechterhalten wollte. Daher der Entschluss, mit dem Nachtbus von Siem Reap nach Sihanoukville zu fahren. Aber man kann sich die Geschichten, die es sich lohnt zu erzählen, nicht immer aussuchen.
Am Abend meiner Abreise klopfte es an meine Tür. Ich war gerade am Packen und auf dem Sprung in die Dusche. Didi (der Hotelbesitzer) störte sich nicht weiter an meinem Outfit, das lediglich aus einer knackigen Unterhose bestand, und teilte mir mit, dass ich um 19:00 parat stehen sollte. Wegen dem Wasserfestival würde es mit dem Tuktuk wohl länger dauern um zum Bus zu kommen. Kein Problem. Gepackt und geduscht stand ich um 18:30 an der Bar und bestellte mir ein großes Angkor Bier. Es war ungewöhnlich schwül, und ich musste mich unter einen Ventilator stellen, um dem Schwitzen Einhalt zu gebieten. Kaum zwei Schluck später kam Didi abermals zu mir. Ich müsse wohl zu Fuß gehen. Die Straßen waren mittlerweile gesperrt. Aber kein Problem, es wäre ja nicht weit. Auf einer Karte zeigte er mir den Kreisverkehr beim Hardrock Cafe. Irgendwo dort würden die Busse stehen. Ca 25min Fußweg. Nagut, sagte ich, was solls. Gibt schlimmeres. Es begann zu regnen.
Ein weiteres kleines Bier später, gerade als ich mich durch den Regen auf den Weg machen wollte, lies sich doch noch ein (5USD) Tuktuk organisieren. Puh. Über kleine Seitenwege kamen wir nach langer Fahrt weit im Süden wieder auf die Hauptstraße. An einer Kreuzung (weeiiiiit weg vom Hardrock Cafe) standen eine Handvoll Busse. Die falschen. Der Fahrer wusste wohl garnicht wo er hinmusste. Why like this, Didi? Why like this? Es ging also wieder nach Norden, aber nicht zum Kreisverkehr beim Hardrock Cafe, sondern einen gut 500m entfernt. Die 5USD haben sich bezahlt gemacht. Niemals hätte ich vor der Abfahrt des Busses zu Fuß hierher gefunden.
Vor dem Einsteigen musste ich ganze 5x aufs Klo. Wieso gerade heute? Verdammtes Bier. Im Bus die nächste Überraschung: Es gab keine kippbare Bestuhlung, sondern einfache Pritschen mit Vorhang. So ähnlich wie man sie aus Nachtzügen kennt. Nur das ein Bus kein Zug ist. Jede Pritsche war mit ca. 170x110 relativ großzügig dimensioniert. Für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren. Stauraum gabs auch keinen. Wenigstens war ich alleine.
Bis ungefähr fünf Minuten vor Abfahrt. Ein für einen Khmer relativ großer Mann mittleren Alters gesellte sich zu mir. Ebenfalls mit Taschen. Mit einem Ruck setzte sich der Bus in Bewegung und schaukelte über die holprigen Straßen Stadtauswärts. Wer schonmal mit Nachtboot oder Zug liegend unterwegs war, weiß, was jetzt kommt. Die Blase musste demnächst wieder geleert werden. Ich wartete solange ich konnte, rutschte über meinen Kollegen drüber (natürlich war ich auf der Innenseite) und suchte in dem schmalen Gang das Klo. Vergeblich.

Die Pritsche
Anderthalb Stunden bis zum nächsten Stopp, meinte der Fahrer. Das kann in Asien alles bedeuten. Zurück auf meiner Pritsche versuchte ich irgendwie eine Position zu finden die ich länger als 5 Minuten ohne Schmerzen halten konnte. Der Konstrukteur des Busses hatte sich aber alle Mühe gegeben, überall wo sich Hände, Füße oder Knie hinbewegen konnten, möglichst scharfkantige Sachen anzubringen. Das wäre ohne die zum Bersten gefüllte Blase auf dem Minenfeld von einer Straße schon schlimm genug gewesen. Aber meditieren hilft.
Ein halbes Leben später fuhr der Bus zu einem Rastplatz. Gelobt sei der Herr. Interessant, unter welchen Umständen man immer wieder zum Glauben findet. Der Rastplatz war übersät mit zehntausenden von Käfern. Natürlich fanden sich einige davon auf meiner Pritsche wieder und kletterten fröhlich herum. Einen der Kollegen schnepfte ich beiläufig von meinem Arm. Bei den anderen hielt ich davon Abstand. Sie verbreiten einen äußerst unangenehmen Duft, wenn sie nicht dort bleiben dürfen, wo sie sein wollen.
Gegen 5:00 kamen wir an. Ich sprang aufs erstbeste Motorrad. In der Nacht hatte ich mir wahllos ein Hotel rausgesucht. Dort gäbe es gute Omelettes. Der Fahrer setzte zum üblichen Scam an: Das Hotel habe geschlossen. Sicher. Trotzdem, los! Zu meiner Überraschung hatte das Hotel wirklich geschlossen. Das ich das noch erleben darf :) Naja, gut, aber ohne Kaffee geht erstmal nichts. Schnell einen Eiskaffee aus dem einzigen Shop besorgt und mit Sack und Pack zum Strand. Ich fand eine Bank am verwaisten Strand, wo in der Entfernung noch laute Partymusik zu hören war, und legte meinen Rucksack ab. Gerade wollte ich noch ein Foto der aufziehenden Dämmerung machen, als mich eine ungewöhnlich kurze Dame ansprach. ‘Hello Mister!!’ ‘What?’ Wo kam die denn jetzt her. Das hat mir noch gefehlt. Eine Nutte. 10 Minuten brauchte ich, um sie abzuschütteln. Die Fotogelegenheit war zwischenzeitlich dahin.

Das Foto das ich machen wollte
Ich schlürfe an meinem Kaffee, der zwar nicht abgelaufen war, aber trotzdem komisch schmeckte. Ungefähr nach der Hälfte schwamm irgendwas in meinen Mund. Angewidert spuckte ich aus. Mhh.. Vielleicht nur Luftbläschen. Noch ein Versuch, wieder ausspucken. Alle guten Dinge sind Drei. OK. Dann ohne Kaffee. Ich suchte mir die erstbeste Straße aus und marschierte los. Die Einzige Straße ohne Hotels. Dafür mit zwei, drei äußerst fragwürden Bars. Eine davon aber ganz sicher ein Bordell. Davor ein Hund, der so garnicht damit einverstanden schien, dass ich hier war. Kaum an ihm vorbei, versuchte er sich jedes mal wenn, ich nicht hinsah, von hinten zu nähern. Aber mit dem einen wurde ich fertig.

Straße zum Pier
Wieder auf der Hauptstraße waren fast alle Hotels (wegen dem Wasserfestival) ausgebucht. Oder weit über meinem Budget. Schließlich fand ich eines um 20USD. Für eine Nacht ok. Nach dem Duschen war es immer noch zu früh, um zum vietnamesischen Konsulat aufzubrechen. Ich entschloss, den Strand abzugehen und nach anderen Unterkünften Ausschau zu halten. Ein Trauerspiel. Chinesisches Partylignano. Komplett zugemüllt und versaut. Absolut schauderbar, was Chinesen in einer Nacht anrichten können.
Auf den Fotos sind die Aufräumarbeiten schon fast abgeschlossen Auf den Fotos sind die Aufräumarbeiten schon fast abgeschlossen Auf den Fotos sind die Aufräumarbeiten schon fast abgeschlossen


Ich besorgte mir einen Motorradfahrer, erledigte meinen Behördenweg, und ließ mich nach Otres I bringen. Besser. Primär westliche Touristen, überschaubare Mengen. Alles wie im Prospekt. Dummerweise nichts frei. Gegen 11h30 gab ich auf und suchte mir eine Strandbar. Krebsrot gings um 16:30 wieder zum Konsulat, wo ich mir meinen Pass samt Vietnam Visum wieder abholen konnte. Reif für die Insel. Aber erstmal irgendwas essen.